Die Bibel nach Luther 1912


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Das Buch Hiob Kapitel 21


1 Hiob antwortete und sprach:

2 Hört doch meiner Rede zu und laßt mir das anstatt eurer Tröstungen sein!

3 Vertragt mich, daß ich auch rede, und spottet darnach mein!

4 Handle ich denn mit einem Menschen? oder warum sollte ich ungeduldig sein?

5 Kehrt euch her zu mir; ihr werdet erstarren und die Hand auf den Mund legen müssen.

6 Wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern kommt mein Fleisch an.

7 Warum leben denn die Gottlosen, werden alt und nehmen zu an Gütern?

8 Ihr Same ist sicher um sie her, und ihre Nachkömmlinge sind bei ihnen.

9 Ihr Haus hat Frieden vor der Furcht, und Gottes Rute ist nicht über ihnen.

10 Seinen Stier läßt man zu, und es mißrät ihm nicht; seine Kuh kalbt und ist nicht unfruchtbar.

11 Ihre jungen Kinder lassen sie ausgehen wie eine Herde, und ihre Knaben hüpfen.

12 Sie jauchzen mit Pauken und Harfen und sind fröhlich mit Flöten.

13 Sie werden alt bei guten Tagen und erschrecken kaum einen Augenblick vor dem Tode,

14 die doch sagen zu Gott: "Hebe dich von uns, wir wollen von deinen Wegen nicht wissen!

15 Wer ist der Allmächtige, daß wir ihm dienen sollten? oder was sind wir gebessert, so wir ihn anrufen?"

16 "Aber siehe, ihr Glück steht nicht in ihren Händen; darum soll der Gottlosen Sinn ferne von mir sein."

17 Wie oft geschieht's denn, daß die Leuchte der Gottlosen verlischt und ihr Unglück über sie kommt? daß er Herzeleid über sie austeilt in seinem Zorn?

18 daß sie werden wie Stoppeln vor dem Winde und wie Spreu, die der Sturmwind wegführt?

19 "Gott spart desselben Unglück auf seine Kinder". Er vergelte es ihm selbst, daß er's innewerde.

20 Seine Augen mögen sein Verderben sehen, und vom Grimm des Allmächtigen möge er trinken.

21 Denn was ist ihm gelegen an seinem Hause nach ihm, wenn die Zahl seiner Monden ihm zugeteilt ist?

22 Wer will Gott lehren, der auch die Hohen richtet?

23 Dieser stirbt frisch und gesund in allem Reichtum und voller Genüge,

24 sein Melkfaß ist voll Milch, und seine Gebeine werden gemästet mit Mark;

25 jener aber stirbt mit betrübter Seele und hat nie mit Freuden gegessen;

26 und liegen gleich miteinander in der Erde, und Würmer decken sie zu.

27 Siehe, ich kenne eure Gedanken wohl und euer frevles Vornehmen gegen mich.

28 Denn ihr sprecht: "Wo ist das Haus des Fürsten? und wo ist die Hütte, da die Gottlosen wohnten?"

29 Habt ihr denn die Wanderer nicht befragt und nicht gemerkt ihre Zeugnisse?

30 Denn der Böse wird erhalten am Tage des Verderbens, und am Tage des Grimms bleibt er.

31 Wer will ihm ins Angesicht sagen, was er verdient? wer will ihm vergelten, was er tut?

32 Und er wird zu Grabe geleitet und hält Wache auf seinem Hügel.

33 Süß sind ihm die Schollen des Tales, und alle Menschen ziehen ihm nach; und derer, die ihm vorangegangen sind, ist keine Zahl.

34 Wie tröstet ihr mich so vergeblich, und eure Antworten finden sich unrecht!


Das Buch Hiob Kapitel 22


1 Da antwortete Eliphas von Theman und sprach:

2 Kann denn ein Mann Gottes etwas nützen? Nur sich selber nützt ein Kluger.

3 Meinst du, dem Allmächtigen liege daran, daß du gerecht seist? Was hilft's ihm, wenn deine Wege ohne Tadel sind?

4 Meinst du wegen deiner Gottesfurcht strafe er dich und gehe mit dir ins Gericht?

5 Nein, deine Bosheit ist zu groß, und deiner Missetaten ist kein Ende.

6 Du hast etwa deinem Bruder ein Pfand genommen ohne Ursache; du hast den Nackten die Kleider ausgezogen;

7 du hast die Müden nicht getränkt mit Wasser und hast dem Hungrigen dein Brot versagt;

8 du hast Gewalt im Lande geübt und prächtig darin gegessen;

9 die Witwen hast du leer lassen gehen und die Arme der Waisen zerbrochen.

10 Darum bist du mit Stricken umgeben, und Furcht hat dich plötzlich erschreckt.

11 Solltest du denn nicht die Finsternis sehen und die Wasserflut, die dich bedeckt?

12 Ist nicht Gott hoch droben im Himmel? Siehe, die Sterne an droben in der Höhe!

13 Und du sprichst: "Was weiß Gott? Sollte er, was im Dunkeln ist, richten können?

14 Die Wolken sind die Vordecke, und er sieht nicht; er wandelt im Umkreis des Himmels."

15 Achtest du wohl auf den Weg, darin vorzeiten die Ungerechten gegangen sind?

16 die vergangen sind, ehe denn es Zeit war, und das Wasser hat ihren Grund weggewaschen;

17 die zu Gott sprachen: "Hebe dich von uns! was sollte der Allmächtige uns tun können?"

18 so er doch ihr Haus mit Gütern füllte. Aber der Gottlosen Rat sei ferne von mir.

19 Die Gerechten werden es sehen und sich freuen, und der Unschuldige wird ihrer spotten:

20 "Fürwahr, unser Widersacher ist verschwunden; und sein Übriggelassenes hat das Feuer verzehrt."

21 So vertrage dich nun mit ihm und habe Frieden; daraus wird dir viel Gutes kommen.

22 Höre das Gesetz von seinem Munde und fasse seine Reden in dein Herz.

23 Wirst du dich bekehren zu dem Allmächtigen, so wirst du aufgebaut werden. Tue nur Unrecht ferne hinweg von deiner Hütte

24 und wirf in den Staub dein Gold und zu den Steinen der Bäche das Ophirgold,

25 so wird der Allmächtige dein Gold sein und wie Silber, das dir zugehäuft wird.

26 Dann wirst du Lust haben an dem Allmächtigen und dein Antlitz zu Gott aufheben.

27 So wirst du ihn bitten, und er wird dich hören, und wirst dein Gelübde bezahlen.

28 Was du wirst vornehmen, wird er dir lassen gelingen; und das Licht wird auf deinem Wege scheinen.

29 Denn die sich demütigen, die erhöht er; und wer seine Augen niederschlägt, der wird genesen.

30 Auch der nicht unschuldig war wird errettet werden; er wird aber errettet um deiner Hände Reinigkeit willen.


Das Buch Hiob Kapitel 23


1 Hiob antwortete und sprach:

2 Meine Rede bleibt noch betrübt; meine Macht ist schwach über meinem Seufzen.

3 Ach daß ich wüßte, wie ich ihn finden und zu seinem Stuhl kommen möchte

4 und das Recht vor ihm sollte vorlegen und den Mund voll Verantwortung fassen

5 und erfahren die Reden, die er mir antworten, und vernehmen, was er mir sagen würde!

6 Will er mit großer Macht mit mir rechten? Er stelle sich nicht so gegen mich,

7 sondern lege mir's gleich vor, so will ich mein Recht wohl gewinnen.

8 Aber ich gehe nun stracks vor mich, so ist er nicht da; gehe ich zurück, so spüre ich ihn nicht;

9 ist er zur Linken, so schaue ich ihn nicht; verbirgt er sich zur Rechten, so sehe ich ihn nicht.

10 Er aber kennt meinen Weg wohl. Er versuche mich, so will ich erfunden werden wie das Gold.

11 Denn ich setze meinen Fuß auf seine Bahn und halte seinen Weg und weiche nicht ab

12 und trete nicht von dem Gebot seiner Lippen und bewahre die Rede seines Mundes mehr denn mein eigen Gesetz.

13 Doch er ist einig; wer will ihm wehren? Und er macht's wie er will.

14 Denn er wird vollführen, was mir bestimmt ist, und hat noch viel dergleichen im Sinne.

15 Darum erschrecke ich vor ihm; und wenn ich's bedenke, so fürchte ich mich vor ihm.

16 Gott hat mein Herz blöde gemacht, und der Allmächtige hat mich erschreckt.

17 Denn die Finsternis macht kein Ende mit mir, und das Dunkel will vor mir nicht verdeckt werden.


Das Buch Hiob Kapitel 24


1 Warum sind von dem Allmächtigen nicht Zeiten vorbehalten, und warum sehen, die ihn kennen, seine Tage nicht?

2 Man verrückt die Grenzen, raubt die Herde und weidet sie.

3 Sie treiben der Waisen Esel weg und nehmen der Witwe Ochsen zum Pfande.

4 Die Armen müssen ihnen weichen, und die Dürftigen im Lande müssen sich verkriechen.

5 Siehe, wie Wildesel in der Wüste gehen sie hinaus an ihr Werk und suchen Nahrung; die Einöde gibt ihnen Speise für ihre Kinder.

6 Sie ernten auf dem Acker, was er trägt, und lesen den Weinberg des Gottlosen.

7 Sie liegen in der Nacht nackt ohne Gewand und haben keine Decke im Frost.

8 Sie müssen sich zu den Felsen halten, wenn ein Platzregen von den Bergen auf sie gießt, weil sie sonst keine Zuflucht haben.

9 Man reißt das Kind von den Brüsten und macht's zum Waisen und macht die Leute arm mit Pfänden.

10 Den Nackten lassen sie ohne Kleider gehen, und den Hungrigen nehmen sie die Garben.

11 Sie zwingen sie, Öl zu machen auf ihrer Mühle und ihre Kelter zu treten, und lassen sie doch Durst leiden.

12 Sie machen die Leute in der Stadt seufzend und die Seele der Erschlagenen schreiend, und Gott stürzt sie nicht.

13 Jene sind abtrünnig geworden vom Licht und kennen seinen Weg nicht und kehren nicht wieder zu seiner Straße.

14 Wenn der Tag anbricht, steht auf der Mörder und erwürgt den Armen und Dürftigen; und des Nachts ist er wie ein Dieb.

15 Das Auge des Ehebrechers hat acht auf das Dunkel, und er spricht: "Mich sieht kein Auge", und verdeckt sein Antlitz.

16 Im Finstern bricht man in die Häuser ein; des Tages verbergen sie sich miteinander und scheuen das Licht.

17 Denn wie wenn der Morgen käme, ist ihnen allen die Finsternis; denn sie sind bekannt mit den Schrecken der Finsternis.

18 "Er fährt leicht wie auf einem Wasser dahin; seine Habe wird gering im Lande, und er baut seinen Weinberg nicht.

19 Der Tod nimmt weg, die da sündigen, wie die Hitze und Dürre das Schneewasser verzehrt.

20 Der Mutterschoß vergißt sein; die Würmer haben ihre Lust an ihm. Sein wird nicht mehr gedacht; er wird zerbrochen wie ein fauler Baum,

21 er, der beleidigt hat die Einsame, die nicht gebiert, und hat der Witwe kein Gutes getan."

22 Aber Gott erhält die Mächtigen durch seine Kraft, daß sie wieder aufstehen, wenn sie am Leben verzweifelten.

23 Er gibt ihnen, daß sie sicher seien und eine Stütze haben; und seine Augen sind über ihren Wegen.

24 Sie sind hoch erhöht, und über ein kleines sind sie nicht mehr; sinken sie hin, so werden sie weggerafft wie alle andern, und wie das Haupt auf den Ähren werden sie abgeschnitten.

25 Ist's nicht also? Wohlan, wer will mich Lügen strafen und bewähren, daß meine Rede nichts sei?


Das Buch Hiob Kapitel 25


1 Da antwortete Bildad von Suah und sprach:

2 Ist nicht Herrschaft und Schrecken bei ihm, der Frieden macht unter seinen Höchsten?

3 Wer will seine Kriegsscharen zählen? und über wen geht nicht auf sein Licht?

4 Und wie kann ein Mensch gerecht vor Gott sein? und wie kann rein sein eines Weibes Kind?

5 Siehe, auch der Mond scheint nicht helle, und die Sterne sind nicht rein vor seinen Augen:

6 wie viel weniger ein Mensch, die Made, und ein Menschenkind, der Wurm!


Das Buch Hiob Kapitel 26


1 Hiob antwortete und sprach:

2 Wie stehest du dem bei, der keine Kraft hat, hilfst dem, der keine Stärke in den Armen hat!

3 Wie gibst du Rat dem, der keine Weisheit hat, und tust kund Verstandes die Fülle!

4 Zu wem redest du? und wes Odem geht von dir aus?

5 Die Toten ängsten sich tief unter den Wassern und denen, die darin wohnen.

6 Das Grab ist aufgedeckt vor ihm, und der Abgrund hat keine Decke.

7 Er breitet aus die Mitternacht über das Leere und hängt die Erde an nichts.

8 Er faßt das Wasser zusammen in seine Wolken, und die Wolken zerreißen darunter nicht.

9 Er verhüllt seinen Stuhl und breitet seine Wolken davor.

10 Er hat um das Wasser ein Ziel gesetzt, bis wo Licht und Finsternis sich scheiden.

11 Die Säulen des Himmels zittern und entsetzen sich vor seinem Schelten.

12 Von seiner Kraft wird das Meer plötzlich ungestüm, und durch seinen Verstand zerschmettert er Rahab.

13 Am Himmel wird's schön durch seinen Wind, und seine Hand durchbohrt die flüchtige Schlange.

14 Siehe, also geht sein Tun, und nur ein geringes Wörtlein davon haben wir vernommen. Wer will aber den Donner seiner Macht verstehen?


Das Buch Hiob Kapitel 27


1 Und Hiob fuhr fort und hob an seine Sprüche und sprach:

2 So wahr Gott lebt, der mir mein Recht weigert, und der Allmächtige, der meine Seele betrübt;

3 solange mein Odem in mir ist und der Hauch von Gott in meiner Nase ist:

4 meine Lippen sollen nichts Unrechtes reden, und meine Zunge soll keinen Betrug sagen.

5 Das sei ferne von mir, daß ich euch recht gebe; bis daß mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Unschuld.

6 Von meiner Gerechtigkeit, die ich habe, will ich nicht lassen; mein Gewissen beißt mich nicht meines ganzen Lebens halben.

7 Aber mein Feind müsse erfunden werden als ein Gottloser, und der sich wider mich auflehnt, als ein Ungerechter.

8 Denn was ist die Hoffnung des Heuchlers, wenn Gott ein Ende mit ihm macht und seine Seele hinreißt?

9 Meinst du das Gott sein Schreien hören wird, wenn die Angst über ihn kommt?

10 Oder kann er an dem Allmächtigen seine Lust haben und Gott allezeit anrufen?

11 Ich will euch lehren von der Hand Gottes; und was bei dem Allmächtigen gilt, will ich nicht verhehlen.

12 Siehe, ihr haltet euch alle für klug; warum bringt ihr denn solch unnütze Dinge vor?

13 Das ist der Lohn eines gottlosen Menschen bei Gott und das Erbe der Tyrannen, das sie von dem Allmächtigen nehmen werden:

14 wird er viele Kinder haben, so werden sie des Schwertes sein; und seine Nachkömmlinge werden des Brots nicht satt haben.

15 Die ihm übrigblieben, wird die Seuche ins Grab bringen; und seine Witwen werden nicht weinen.

16 Wenn er Geld zusammenbringt wie Staub und sammelt Kleider wie Lehm,

17 so wird er es wohl bereiten; aber der Gerechte wird es anziehen, und der Unschuldige wird das Geld austeilen.

18 Er baut sein Haus wie eine Spinne, und wie ein Wächter seine Hütte macht.

19 Der Reiche, wenn er sich legt, wird er's nicht mitraffen; er wird seine Augen auftun, und da wird nichts sein.

20 Es wird ihn Schrecken überfallen wie Wasser; des Nachts wird ihn das Ungewitter wegnehmen.

21 Der Ostwind wird ihn wegführen, daß er dahinfährt; und Ungestüm wird ihn von seinem Ort treiben.

22 Er wird solches über ihn führen und wird sein nicht schonen; vor seiner Hand muß er fliehen und wieder fliehen.

23 Man wird über ihn mit den Händen klatschen und über ihn zischen, wo er gewesen ist.


Das Buch Hiob Kapitel 28


1 Es hat das Silber seine Gänge, und das Gold, das man läutert seinen Ort.

2 Eisen bringt man aus der Erde, und aus den Steinen schmelzt man Erz.

3 Man macht der Finsternis ein Ende und findet zuletzt das Gestein tief verborgen.

4 Man bricht einen Schacht von da aus, wo man wohnt; darin hangen und schweben sie als die Vergessenen, da kein Fuß hin tritt, fern von den Menschen.

5 Man zerwühlt unten die Erde wie mit Feuer, darauf doch oben die Speise wächst.

6 Man findet Saphir an etlichen Orten, und Erdenklöße, da Gold ist.

7 Den Steig kein Adler erkannt hat und kein Geiersauge gesehen;

8 es hat das stolze Wild nicht darauf getreten und ist kein Löwe darauf gegangen.

9 Auch legt man die Hand an die Felsen und gräbt die Berge um.

10 Man reißt Bäche aus den Felsen; und alles, was köstlich ist, sieht das Auge.

11 Man wehrt dem Strome des Wassers und bringt, das darinnen verborgen ist, ans Licht.

12 Wo will man aber die Weisheit finden? und wo ist die Stätte des Verstandes?

13 Niemand weiß, wo sie liegt, und sie wird nicht gefunden im Lande der Lebendigen.

14 Die Tiefe spricht: "Sie ist in mir nicht"; und das Meer spricht: "Sie ist nicht bei mir".

15 Man kann nicht Gold um sie geben noch Silber darwägen, sie zu bezahlen.

16 Es gilt ihr nicht gleich ophirisch Gold oder köstlicher Onyx und Saphir.

17 Gold und Glas kann man ihr nicht vergleichen noch um sie golden Kleinod wechseln.

18 Korallen und Kristall achtet man gegen sie nicht. Die Weisheit ist höher zu wägen denn Perlen.

19 Topaz aus dem Mohrenland wird ihr nicht gleich geschätzt, und das reinste Gold gilt ihr nicht gleich.

20 Woher kommt denn die Weisheit? und wo ist die Stätte des Verstandes?

21 Sie ist verhohlen vor den Augen aller Lebendigen, auch den Vögeln unter dem Himmel.

22 Der Abgrund und der Tod sprechen: "Wir haben mit unsern Ohren ihr Gerücht gehört."

23 Gott weiß den Weg dazu und kennt ihre Stätte.

24 Denn er sieht die Enden der Erde und schaut alles, was unter dem Himmel ist.

25 Da er dem Winde sein Gewicht machte und setzte dem Wasser sein gewisses Maß;

26 da er dem Regen ein Ziel machte und dem Blitz und Donner den Weg:

27 da sah er sie und verkündigte sie, bereitete sie und ergründete sie

28 und sprach zu den Menschen: Siehe, die Furcht des HERRN, das ist Weisheit; und meiden das Böse, das ist Verstand.


Das Buch Hiob Kapitel 29


1 Und Hiob hob abermals an seine Sprüche und sprach:

2 O daß ich wäre wie in den vorigen Monden, in den Tagen, da mich Gott behütete;

3 da seine Leuchte über meinem Haupt schien und ich bei seinem Licht in der Finsternis ging;

4 wie war ich in der Reife meines Lebens, da Gottes Geheimnis über meiner Hütte war;

5 da der Allmächtige noch mit mir war und meine Kinder um mich her;

6 da ich meine Tritte wusch in Butter und die Felsen mir Ölbäche gossen;

7 da ich ausging zum Tor in der Stadt und mir ließ meinen Stuhl auf der Gasse bereiten;

8 da mich die Jungen sahen und sich versteckten, und die Alten vor mir aufstanden;

9 da die Obersten aufhörten zu reden und legten ihre Hand auf ihren Mund;

10 da die Stimme der Fürsten sich verkroch und ihre Zunge am Gaumen klebte!

11 Denn wessen Ohr mich hörte, der pries mich selig; und wessen Auge mich sah, der rühmte mich.

12 Denn ich errettete den Armen, der da schrie, und den Waisen, der keinen Helfer hatte.

13 Der Segen des, der verderben sollte, kam über mich; und ich erfreute das Herz der Witwe.

14 Gerechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog wie einen Rock; und mein Recht war mein fürstlicher Hut.

15 Ich war des Blinden Auge und des Lahmen Fuß.

16 Ich war ein Vater der Armen; und die Sache des, den ich nicht kannte, die erforschte ich.

17 Ich zerbrach die Backenzähne des Ungerechten und riß den Raub aus seinen Zähnen.

18 Ich gedachte: "Ich will in meinem Nest ersterben und meiner Tage viel machen wie Sand."

19 Meine Wurzel war aufgetan dem Wasser, und der Tau blieb über meinen Zweigen.

20 Meine Herrlichkeit erneute sich immer an mir, und mein Bogen ward immer stärker in meiner Hand.

21 Sie hörten mir zu und schwiegen und warteten auf meinen Rat.

22 Nach meinen Worten redete niemand mehr, und meine Rede troff auf sie.

23 Sie warteten auf mich wie auf den Regen und sperrten ihren Mund auf als nach dem Spätregen.

24 Wenn ich mit ihnen lachte, wurden sie nicht zu kühn darauf; und das Licht meines Angesichts machte mich nicht geringer.

25 Wenn ich zu ihrem Geschäft wollte kommen, so mußte ich obenan sitzen und wohnte wie ein König unter Kriegsknechten, da ich tröstete, die Leid trugen.


Das Buch Hiob Kapitel 30


1 Nun aber lachen sie mein, die jünger sind denn ich, deren Väter ich verachtet hätte, sie zu stellen unter meine Schafhunde;

2 deren Vermögen ich für nichts hielt; die nicht zum Alter kommen konnten;

3 die vor Hunger und Kummer einsam flohen in die Einöde, neulich verdarben und elend wurden;

4 die da Nesseln ausraufen um die Büsche, und Ginsterwurzel ist ihre Speise;

5 aus der Menschen Mitte werden sie weggetrieben, man schreit über sie wie über einen Dieb;

6 in grausigen Tälern wohnen sie, in den Löchern der Erde und Steinritzen;

7 zwischen den Büschen rufen sie, und unter den Disteln sammeln sie sich:

8 die Kinder gottloser und verachteter Leute, die man aus dem Lande weggetrieben.

9 Nun bin ich ihr Spottlied geworden und muß ihr Märlein sein.

10 Sie haben einen Greuel an mir und machen sich ferne von mir und scheuen sich nicht, vor meinem Angesicht zu speien.

11 Sie haben ihr Seil gelöst und mich zunichte gemacht und ihren Zaum vor mir abgetan.

12 Zur Rechten haben sich Buben wider mich gesetzt und haben meinen Fuß ausgestoßen und haben wider mich einen Weg gemacht, mich zu verderben.

13 Sie haben meine Steige zerbrochen; es war ihnen so leicht, mich zu beschädigen, daß sie keiner Hilfe dazu bedurften.

14 Sie sind gekommen wie zu einer weiten Lücke der Mauer herein und sind ohne Ordnung dahergefallen.

15 Schrecken hat sich gegen mich gekehrt und hat verfolgt wie der Wind meine Herrlichkeit; und wie eine Wolke zog vorüber mein glückseliger Stand.

16 Nun aber gießt sich aus meine Seele über mich, und mich hat ergriffen die elende Zeit.

17 Des Nachts wird mein Gebein durchbohrt allenthalben; und die mich nagen, legen sich nicht schlafen.

18 Mit großer Gewalt werde ich anders und anders gekleidet, und ich werde damit umgürtet wie mit einem Rock.

19 Man hat mich in den Kot getreten und gleich geachtet dem Staub und der Asche.

20 Schreie ich zu dir, so antwortest du mir nicht; trete ich hervor, so achtest du nicht auf mich.

21 Du hast mich verwandelt in einen Grausamen und zeigst an mit der Stärke deiner Hand, daß du mir gram bist.

22 Du hebst mich auf und lässest mich auf dem Winde fahren und zerschmelzest mich kräftig.

23 Denn ich weiß du wirst mich dem Tod überantworten; da ist das bestimmte Haus aller Lebendigen.

24 Aber wird einer nicht die Hand ausstrecken unter Trümmern und nicht schreien vor seinem Verderben?

25 Ich weinte ja über den, der harte Zeit hatte; und meine Seele jammerte der Armen.

26 Ich wartete des Guten, und es kommt das Böse; ich hoffte aufs Licht, und es kommt Finsternis.

27 Meine Eingeweide sieden und hören nicht auf; mich hat überfallen die elende Zeit.

28 Ich gehe schwarz einher, und brennt mich doch die Sonne nicht; ich stehe auf in der Gemeinde und schreie.

29 Ich bin ein Bruder der Schakale und ein Geselle der Strauße.

30 Meine Haut über mir ist schwarz geworden, und meine Gebeine sind verdorrt vor Hitze.

31 Meine Harfe ist eine Klage geworden und meine Flöte ein Weinen.


Das Buch Hiob Kapitel 31


1 Ich habe einen Bund gemacht mit meinen Augen, daß ich nicht achtete auf eine Jungfrau.

2 Was gäbe mir Gott sonst als Teil von oben und was für ein Erbe der Allmächtige in der Höhe?

3 Wird nicht der Ungerechte Unglück haben und ein Übeltäter verstoßen werden?

4 Sieht er nicht meine Wege und zählt alle meine Gänge?

5 Habe ich gewandelt in Eitelkeit, oder hat mein Fuß geeilt zum Betrug?

6 So wäge man mich auf der rechten Waage, so wird Gott erfahren meine Unschuld.

7 Ist mein Gang gewichen aus dem Wege und mein Herz meinen Augen nachgefolgt und klebt ein Flecken an meinen Händen,

8 so müsse ich säen, und ein andrer esse es; und mein Geschlecht müsse ausgewurzelt werden.

9 Hat sich mein Herz lassen reizen zum Weibe und habe ich an meines Nächsten Tür gelauert,

10 so müsse mein Weib von einem andern geschändet werden, und andere müssen bei ihr liegen;

11 denn das ist ein Frevel und eine Missetat für die Richter.

12 Denn das wäre ein Feuer, das bis in den Abgrund verzehrte und all mein Einkommen auswurzelte.

13 Hab ich verachtet das Recht meines Knechtes oder meiner Magd, wenn sie eine Sache wider mich hatten?

14 Was wollte ich tun, wenn Gott sich aufmachte, und was würde ich antworten, wenn er heimsuchte?

15 Hat ihn nicht auch der gemacht, der mich in Mutterleibe machte, und hat ihn im Schoße ebensowohl bereitet?

16 Habe ich den Dürftigen ihr Begehren versagt und die Augen der Witwe lassen verschmachten?

17 Hab ich meinen Bissen allein gegessen, und hat nicht der Waise auch davon gegessen?

18 Denn ich habe mich von Jugend auf gehalten wie ein Vater, und von meiner Mutter Leib an habe ich gerne getröstet.

19 Hab ich jemand sehen umkommen, daß er kein Kleid hatte, und den Armen ohne Decke gehen lassen?

20 Haben mich nicht gesegnet seine Lenden, da er von den Fellen meiner Lämmer erwärmt ward?

21 Hab ich meine Hand an den Waisen gelegt, weil ich sah, daß ich im Tor Helfer hatte?

22 So falle meine Schulter von der Achsel, und mein Arm breche von der Röhre.

23 Denn ich fürchte Gottes Strafe über mich und könnte seine Last nicht ertragen.

24 Hab ich das Gold zu meiner Zuversicht gemacht und zu dem Goldklumpen gesagt: "Mein Trost"?

25 Hab ich mich gefreut, daß ich großes Gut hatte und meine Hand allerlei erworben hatte?

26 Hab ich das Licht angesehen, wenn es hell leuchtete, und den Mond, wenn er voll ging,

27 daß ich mein Herz heimlich beredet hätte, ihnen Küsse zuzuwerfen mit meiner Hand?

28 was auch eine Missetat ist vor den Richtern; denn damit hätte ich verleugnet Gott in der Höhe.

29 Hab ich mich gefreut, wenn's meinem Feind übel ging, und habe mich überhoben, darum daß ihn Unglück betreten hatte?

30 Denn ich ließ meinen Mund nicht sündigen, daß ich verwünschte mit einem Fluch seine Seele.

31 Haben nicht die Männer in meiner Hütte müssen sagen: "Wo ist einer, der von seinem Fleisch nicht wäre gesättigt worden?"

32 Draußen mußte der Gast nicht bleiben, sondern meine Tür tat ich dem Wanderer auf.

33 Hab ich meine Übertretungen nach Menschenweise zugedeckt, daß ich heimlich meine Missetat verbarg?

34 Habe ich mir grauen lassen vor der großen Menge, und hat die Verachtung der Freundschaften mich abgeschreckt, daß ich stille blieb und nicht zur Tür ausging?

35 O hätte ich einen, der mich anhört! Siehe, meine Unterschrift, der Allmächtige antworte mir!, und siehe die Schrift, die mein Verkläger geschrieben!

36 Wahrlich, dann wollte ich sie auf meine Achsel nehmen und mir wie eine Krone umbinden;

37 ich wollte alle meine Schritte ihm ansagen und wie ein Fürst zu ihm nahen.

38 Wird mein Land gegen mich schreien und werden miteinander seine Furchen weinen;

39 hab ich seine Früchte unbezahlt gegessen und das Leben der Ackerleute sauer gemacht:

40 so mögen mir Disteln wachsen für Weizen und Dornen für Gerste. Die Worte Hiobs haben ein Ende.


Das Buch Hiob Kapitel 32


1 Da hörten die drei Männer auf, Hiob zu antworten, weil er sich für gerecht hielt.

2 Aber Elihu, der Sohn Baracheels von Bus, des Geschlechts Rams, ward zornig über Hiob, daß er seine Seele gerechter hielt denn Gott.

3 Auch ward er zornig über seine drei Freunde, daß sie keine Antwort fanden und doch Hiob verdammten.

4 Denn Elihu hatte geharrt, bis daß sie mit Hiob geredet hatten, weil sie älter waren als er.

5 Darum, da er sah, daß keine Antwort war im Munde der drei Männer, ward er zornig.

6 Und so antwortete Elihu, der Sohn Baracheels von Bus, und sprach: Ich bin jung, ihr aber seid alt; darum habe ich mich gescheut und gefürchtet, mein Wissen euch kundzutun.

7 Ich dachte: Laß das Alter reden, und die Menge der Jahre laß Weisheit beweisen.

8 Aber der Geist ist in den Leuten und der Odem des Allmächtigen, der sie verständig macht.

9 Die Großen sind nicht immer die Weisesten, und die Alten verstehen nicht das Recht.

10 Darum will ich auch reden; höre mir zu. Ich will mein Wissen auch kundtun.

11 Siehe, ich habe geharrt auf das, was ihr geredet habt; ich habe aufgemerkt auf eure Einsicht, bis ihr träfet die rechte Rede,

12 und ich habe achtgehabt auf euch. Aber siehe, da ist keiner unter euch, der Hiob zurechtweise oder seiner Rede antworte.

13 Sagt nur nicht: "Wir haben Weisheit getroffen; Gott muß ihn schlagen, kein Mensch."

14 Gegen mich hat er seine Worte nicht gerichtet, und mit euren Reden will ich ihm nicht antworten.

15 Ach! sie sind verzagt, können nicht mehr antworten; sie können nicht mehr reden.

16 Weil ich denn geharrt habe, und sie konnten nicht reden (denn sie stehen still und antworten nicht mehr),

17 will ich auch mein Teil antworten und will mein Wissen kundtun.

18 Denn ich bin der Reden so voll, daß mich der Odem in meinem Innern ängstet.

19 Siehe, mein Inneres ist wie der Most, der zugestopft ist, der die neuen Schläuche zerreißt.

20 Ich muß reden, daß ich mir Luft mache; ich muß meine Lippen auftun und antworten.

21 Ich will niemands Person ansehen und will keinem Menschen schmeicheln.

22 Denn ich weiß nicht zu schmeicheln; leicht würde mich sonst mein Schöpfer dahinraffen.


Das Buch Hiob Kapitel 33


1 Höre doch, Hiob, meine Rede und merke auf alle meine Worte!

2 Siehe, ich tue meinen Mund auf, und meine Zunge redet in meinem Munde.

3 Mein Herz soll recht reden, und meine Lippen sollen den reinen Verstand sagen.

4 Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen hat mir das Leben gegeben.

5 Kannst du, so antworte mir; rüste dich gegen mich und stelle dich.

6 Siehe, ich bin Gottes ebensowohl als du, und aus Lehm bin ich auch gemacht.

7 Siehe, du darfst vor mir nicht erschrecken, und meine Hand soll dir nicht zu schwer sein.

8 Du hast geredet vor meinen Ohren; die Stimme deiner Reden mußte ich hören:

9 "Ich bin rein, ohne Missetat, unschuldig und habe keine Sünde;

10 siehe, er hat eine Sache gegen mich gefunden, er achtet mich für einen Feind;

11 er hat meinen Fuß in den Stock gelegt und hat acht auf alle meine Wege."

12 Siehe, darin hast du nicht recht, muß ich dir antworten; denn Gott ist mehr als ein Mensch.

13 Warum willst du mit ihm zanken, daß er dir nicht Rechenschaft gibt alles seines Tuns?

14 Denn in einer Weise redet Gott und wieder in einer anderen, nur achtet man's nicht.

15 Im Traum, im Nachtgesicht, wenn der Schlaf auf die Leute fällt, wenn sie schlafen auf dem Bette,

16 da öffnet er das Ohr der Leute und schreckt sie und züchtigt sie,

17 daß er den Menschen von seinem Vornehmen wende und behüte ihn vor Hoffart

18 und verschone seine Seele vor dem Verderben und sein Leben, daß es nicht ins Schwert falle.

19 Auch straft er ihn mit Schmerzen auf seinem Bette und alle seinen Gebeine heftig

20 und richtet ihm sein Leben so zu, daß ihm vor seiner Speise ekelt, und seine Seele, daß sie nicht Lust zu essen hat.

21 Sein Fleisch verschwindet, daß man's nimmer sehen kann; und seine Gebeine werden zerschlagen, daß man sie nicht gerne ansieht,

22 daß seine Seele naht zum Verderben und sein Leben zu den Toten.

23 So dann für ihn ein Engel als Mittler eintritt, einer aus tausend, zu verkündigen dem Menschen, wie er solle recht tun,

24 so wird er ihm gnädig sein und sagen: "Erlöse ihn, daß er nicht hinunterfahre ins Verderben; denn ich habe eine Versöhnung gefunden."

25 Sein Fleisch wird wieder grünen wie in der Jugend, und er wird wieder jung werden.

26 Er wird Gott bitten; der wird ihm Gnade erzeigen und wird ihn sein Antlitz sehen lassen mit Freuden und wird dem Menschen nach seiner Gerechtigkeit vergelten.

27 Er wird vor den Leuten bekennen und sagen: "Ich hatte gesündigt und das Recht verkehrt; aber es ist mir nicht vergolten worden.

28 Er hat meine Seele erlöst, daß sie nicht führe ins Verderben, sondern mein Leben das Licht sähe."

29 Siehe, das alles tut Gott zwei-oder dreimal mit einem jeglichen,

30 daß er seine Seele zurückhole aus dem Verderben und erleuchte ihn mit dem Licht der Lebendigen.

31 Merke auf, Hiob, und höre mir zu und schweige, daß ich rede!

32 Hast du aber was zu sagen, so antworte mir; Sage an! ich wollte dich gerne rechtfertigen.

33 Hast du aber nichts, so höre mir zu und schweige; ich will dich die Weisheit lehren.


Das Buch Hiob Kapitel 34


1 Und es hob an Elihu und sprach:

2 Hört, ihr Weisen, meine Rede, und ihr Verständigen, merkt auf mich!

3 Denn das Ohr prüft die Rede, und der Mund schmeckt die Speise.

4 Laßt uns ein Urteil finden, daß wir erkennen unter uns, was gut sei.

5 Denn Hiob hat gesagt: "Ich bin gerecht, und Gott weigert mir mein Recht;

6 ich muß lügen, ob ich wohl recht habe, und bin gequält von meinen Pfeilen, ob ich wohl nichts verschuldet habe."

7 Wer ist ein solcher Hiob, der da Spötterei trinkt wie Wasser

8 und auf dem Wege geht mit den Übeltätern und wandelt mit gottlosen Leuten?

9 Denn er hat gesagt: "Wenn jemand schon fromm ist, so gilt er doch nichts bei Gott."

10 Darum hört mir zu, ihr weisen Leute: Es sei ferne, daß Gott sollte gottlos handeln und der Allmächtige ungerecht;

11 sondern er vergilt dem Menschen, darnach er verdient hat, und trifft einen jeglichen nach seinem Tun.

12 Ohne zweifel, Gott verdammt niemand mit Unrecht, und der Allmächtige beugt das Recht nicht.

13 Wer hat, was auf Erden ist, verordnet, und wer hat den ganzen Erdboden gesetzt?

14 So er nun an sich dächte, seinen Geist und Odem an sich zöge,

15 so würde alles Fleisch miteinander vergehen, und der Mensch würde wieder zu Staub werden.

16 Hast du nun Verstand, so höre das und merke auf die Stimme meiner Reden.

17 Kann auch, der das Recht haßt regieren? Oder willst du den, der gerecht und mächtig ist, verdammen?

18 Sollte einer zum König sagen: "Du heilloser Mann!" und zu den Fürsten: "Ihr Gottlosen!"?

19 Und er sieht nicht an die Person der Fürsten und kennt den Herrlichen nicht mehr als den Armen; denn sie sind alle seiner Hände Werk.

20 Plötzlich müssen die Leute sterben und zu Mitternacht erschrecken und vergehen; die Mächtigen werden weggenommen nicht durch Menschenhand.

21 Denn seine Augen sehen auf eines jeglichen Wege, und er schaut alle ihre Gänge.

22 Es ist keine Finsternis noch Dunkel, daß sich da möchten verbergen die Übeltäter.

23 Denn er darf auf den Menschen nicht erst lange achten, daß er vor Gott ins Gericht komme.

24 Er bringt die Stolzen um, ohne erst zu forschen, und stellt andere an ihre Statt:

25 darum daß er kennt ihre Werke und kehrt sie um des Nachts, daß sie zerschlagen werden.

26 Er straft sie ab wie die Gottlosen an einem Ort, da man es sieht:

27 darum daß sie von ihm weggewichen sind und verstanden seiner Wege keinen,

28 daß das Schreien der Armen mußte vor ihn kommen und er das Schreien der Elenden hörte.

29 Wenn er Frieden gibt, wer will verdammen? und wenn er das Antlitz verbirgt, wer will ihn schauen unter den Völkern und Leuten allzumal?

30 Denn er läßt nicht über sie regieren einen Heuchler, das Volk zu drängen.

31 Denn zu Gott muß man sagen: "Ich habe gebüßt, ich will nicht übel tun.

32 Habe ich's nicht getroffen, so lehre du mich's besser; habe ich Unrecht gehandelt, ich will's nicht mehr tun."

33 Soll er nach deinem Sinn vergelten? Denn du verwirfst alles; du hast zu wählen, und nicht ich. Weißt du nun was, so sage an.

34 Verständige Leute werden zu mir sagen und ein weiser Mann, der mir zuhört:

35 "Hiob redet mit Unverstand, und seine Worte sind nicht klug."

36 O, daß Hiob versucht würde bis ans Ende! darum daß er sich zu ungerechten Leuten kehrt.

37 Denn er hat über seine Sünde noch gelästert; er treibt Spott unter uns und macht seiner Reden viel wider Gott.


Das Buch Hiob Kapitel 35


1 Und es hob an Elihu und sprach:

2 Achtest du das für Recht, daß du sprichst: "Ich bin gerechter denn Gott"?

3 Denn du sprichst: "Wer gilt bei dir etwas? Was hilft es, ob ich nicht sündige?"

4 Ich will dir antworten ein Wort und deinen Freunden mit dir.

5 Schaue gen Himmel und siehe; und schau an die Wolken, daß sie dir zu hoch sind.

6 Sündigst du, was kannst du ihm Schaden? Und ob deiner Missetaten viel ist, was kannst du ihm tun?

7 Und ob du gerecht seist, was kannst du ihm geben, oder was wird er von deinen Händen nehmen?

8 Einem Menschen, wie du bist, mag wohl etwas tun deine Bosheit, und einem Menschenkind deine Gerechtigkeit.

9 Man schreit, daß viel Gewalt geschieht, und ruft über den Arm der Großen;

10 aber man fragt nicht: "Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Lobgesänge gibt in der Nacht,

11 der uns klüger macht denn das Vieh auf Erden und weiser denn die Vögel unter dem Himmel?"

12 Da schreien sie über den Hochmut der Bösen, und er wird sie nicht erhören.

13 Denn Gott wird das Eitle nicht erhören, und der Allmächtige wird es nicht ansehen.

14 Nun sprichst du gar, du wirst ihn nicht sehen. Aber es ist ein Gericht vor ihm, harre sein nur!

15 ob auch sein Zorn so bald nicht heimsucht und er sich's nicht annimmt, daß so viel Laster da sind.

16 Darum hat Hiob seinen Mund umsonst aufgesperrt und gibt stolzes Gerede vor mit Unverstand.


Das Buch Hiob Kapitel 36


1 Elihu redet weiter und sprach:

2 Harre mir noch ein wenig, ich will dir's zeigen; denn ich habe noch von Gottes wegen etwas zu sagen.

3 Ich will mein Wissen weither holen und beweisen, daß mein Schöpfer recht habe.

4 Meine Reden sollen ohne Zweifel nicht falsch sein; mein Verstand soll ohne Tadel vor dir sein.

5 Siehe, Gott ist mächtig, und verachtet doch niemand; er ist mächtig von Kraft des Herzens.

6 Den Gottlosen erhält er nicht, sondern hilft dem Elenden zum Recht.

7 Er wendet seine Augen nicht von dem Gerechten; sondern mit Königen auf dem Thron läßt er sie sitzen immerdar, daß sie hoch bleiben.

8 Und wenn sie gefangen blieben in Stöcken und elend gebunden mit Stricken,

9 so verkündigt er ihnen, was sie getan haben, und ihre Untugenden, daß sie sich überhoben,

10 und öffnet ihnen das Ohr zur Zucht und sagt ihnen, daß sie sich von dem Unrechten bekehren sollen.

11 Gehorchen sie und dienen ihm, so werden sie bei guten Tagen alt werden und mit Lust leben.

12 Gehorchen sie nicht, so werden sie ins Schwert fallen und vergehen in Unverstand.

13 Die Heuchler werden voll Zorns; sie schreien nicht, wenn er sie gebunden hat.

14 So wird ihre Seele in der Jugend sterben und ihr Leben unter den Hurern.

15 Aber den Elenden wird er in seinem Elend erretten und dem Armen das Ohr öffnen in der Trübsal.

16 Und auch dich lockt er aus dem Rachen der Angst in weiten Raum, da keine Bedrängnis mehr ist; und an deinem Tische, voll des Guten, wirst du Ruhe haben.

17 Du aber machst die Sache der Gottlosen gut, daß ihre Sache und ihr Recht erhalten wird.

18 Siehe zu, daß nicht vielleicht Zorn dich verlocke zum Hohn, oder die Größe des Lösegelds dich verleite.

19 Meinst du, daß er deine Gewalt achte oder Gold oder irgend eine Stärke oder Vermögen?

20 Du darfst der Nacht nicht begehren, welche Völker wegnimmt von ihrer Stätte.

21 Hüte dich und kehre dich nicht zum Unrecht, wie du denn vor Elend angefangen hast.

22 Siehe Gott ist zu hoch in seiner Kraft; wo ist ein Lehrer, wie er ist?

23 Wer will ihm weisen seinen Weg, und wer will zu ihm sagen: "Du tust Unrecht?"

24 Gedenke daß du sein Werk erhebest, davon die Leute singen.

25 Denn alle Menschen sehen es; die Leute schauen's von ferne.

26 Siehe Gott ist groß und unbekannt; seiner Jahre Zahl kann niemand erforschen.

27 Er macht das Wasser zu kleinen Tropfen und treibt seine Wolken zusammen zum Regen,

28 daß die Wolken fließen und triefen sehr auf die Menschen.

29 Wenn er sich vornimmt die Wolken auszubreiten wie sein hoch Gezelt,

30 siehe, so breitet er aus sein Licht über dieselben und bedeckt alle Enden des Meeres.

31 Denn damit schreckt er die Leute und gibt doch Speise die Fülle.

32 Er deckt den Blitz wie mit Händen und heißt ihn doch wieder kommen.

33 Davon zeugt sein Geselle, des Donners Zorn in den Wolken.


Das Buch Hiob Kapitel 37


1 Des entsetzt sich mein Herz und bebt.

2 O höret doch, wie der Donner zürnt, und was für Gespräch von seinem Munde ausgeht!

3 Er läßt ihn hinfahren unter allen Himmeln, und sein Blitz scheint auf die Enden der Erde.

4 Ihm nach brüllt der Donner, und er donnert mit seinem großen Schall; und wenn sein Donner gehört wird, kann man's nicht aufhalten.

5 Gott donnert mit seinem Donner wunderbar und tut große Dinge und wird doch nicht erkannt.

6 Er spricht zum Schnee, so ist er bald auf Erden, und zum Platzregen, so ist der Platzregen da mit Macht.

7 Aller Menschen Hand hält er verschlossen, daß die Leute lernen, was er tun kann.

8 Das wilde Tier geht in seine Höhle und bleibt an seinem Ort.

9 Von Mittag her kommt Wetter und von Mitternacht Kälte.

10 Vom Odem Gottes kommt Frost, und große Wasser ziehen sich eng zusammen.

11 Die Wolken beschwert er mit Wasser, und durch das Gewölk bricht sein Licht.

12 Er kehrt die Wolken, wo er hin will, daß sie schaffen alles, was er ihnen gebeut, auf dem Erdboden:

13 es sei zur Züchtigung über ein Land oder zur Gnade, läßt er sie kommen.

14 Da merke auf, Hiob, stehe und vernimm die Wunder Gottes!

15 Weißt du wie Gott solches über sie bringt und wie er das Licht aus seinen Wolken läßt hervorbrechen?

16 Weißt du wie sich die Wolken ausstreuen, die Wunder des, der vollkommen ist an Wissen?

17 Du, des Kleider warm sind, wenn das Land still ist vom Mittagswinde,

18 ja, du wirst mit ihm den Himmel ausbreiten, der fest ist wie ein gegossener Spiegel.

19 Zeige uns, was wir ihm sagen sollen; denn wir können nichts vorbringen vor Finsternis.

20 Wer wird ihm erzählen, daß ich wolle reden? So jemand redet, der wird verschlungen.

21 Jetzt sieht man das Licht nicht, das am Himmel hell leuchtet; wenn aber der Wind weht, so wird's klar.

22 Von Mitternacht kommt Gold; um Gott her ist schrecklicher Glanz.

23 Den Allmächtigen aber können wir nicht finden, der so groß ist von Kraft; das Recht und eine gute Sache beugt er nicht.

24 Darum müssen ihn fürchten die Leute; und er sieht keinen an, wie weise sie sind.


Das Buch Hiob Kapitel 38


1 Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wetter und sprach:

2 Wer ist der, der den Ratschluß verdunkelt mit Worten ohne Verstand?

3 Gürte deine Lenden wie ein Mann; ich will dich fragen, lehre mich!

4 Wo warst du, da ich die Erde gründete? Sage an, bist du so klug!

5 Weißt du, wer ihr das Maß gesetzt hat oder wer über sie eine Richtschnur gezogen hat?

6 Worauf stehen ihre Füße versenkt, oder wer hat ihren Eckstein gelegt,

7 da mich die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Kinder Gottes?

8 Wer hat das Meer mit Türen verschlossen, da es herausbrach wie aus Mutterleib,

9 da ich's mit Wolken kleidete und in Dunkel einwickelte wie in Windeln,

10 da ich ihm den Lauf brach mit meinem Damm und setzte ihm Riegel und Türen

11 und sprach: "Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!"?

12 Hast du bei deiner Zeit dem Morgen geboten und der Morgenröte ihren Ort gezeigt,

13 daß sie die Ecken der Erde fasse und die Gottlosen herausgeschüttelt werden?

14 Sie wandelt sich wie Ton unter dem Siegel, und alles steht da wie im Kleide.

15 Und den Gottlosen wird ihr Licht genommen, und der Arm der Hoffärtigen wird zerbrochen.

16 Bist du in den Grund des Meeres gekommen und in den Fußtapfen der Tiefe gewandelt?

17 Haben sich dir des Todes Tore je aufgetan, oder hast du gesehen die Tore der Finsternis?

18 Hast du vernommen wie breit die Erde sei? Sage an, weißt du solches alles!

19 Welches ist der Weg, da das Licht wohnt, und welches ist der Finsternis Stätte,

20 daß du mögest ergründen seine Grenze und merken den Pfad zu seinem Hause?

21 Du weißt es ja; denn zu der Zeit wurdest du geboren, und deiner Tage sind viel.

22 Bist du gewesen, da der Schnee her kommt, oder hast du gesehen, wo der Hagel her kommt,

23 die ich habe aufbehalten bis auf die Zeit der Trübsal und auf den Tag des Streites und Krieges?

24 Durch welchen Weg teilt sich das Licht und fährt der Ostwind hin über die Erde?

25 Wer hat dem Platzregen seinen Lauf ausgeteilt und den Weg dem Blitz und dem Donner

26 und läßt regnen aufs Land da niemand ist, in der Wüste, da kein Mensch ist,

27 daß er füllt die Einöde und Wildnis und macht das Gras wächst?

28 Wer ist des Regens Vater? Wer hat die Tropfen des Taues gezeugt?

29 Aus wes Leib ist das Eis gegangen, und wer hat den Reif unter dem Himmel gezeugt,

30 daß das Wasser verborgen wird wie unter Steinen und die Tiefe oben gefriert?

31 Kannst du die Bande der sieben Sterne zusammenbinden oder das Band des Orion auflösen?

32 Kannst du den Morgenstern hervorbringen zu seiner Zeit oder den Bären am Himmel samt seinen Jungen heraufführen?

33 Weißt du des Himmels Ordnungen, oder bestimmst du seine Herrschaft über die Erde?

34 Kannst du deine Stimme zu der Wolke erheben, daß dich die Menge des Wassers bedecke?

35 Kannst du die Blitze auslassen, daß sie hinfahren und sprechen zu dir: Hier sind wir?

36 Wer gibt die Weisheit in das Verborgene? Wer gibt verständige Gedanken?

37 Wer ist so weise, der die Wolken zählen könnte? Wer kann die Wasserschläuche am Himmel ausschütten,

38 wenn der Staub begossen wird, daß er zuhauf läuft und die Schollen aneinander kleben?

39 Kannst du der Löwin ihren Raub zu jagen geben und die jungen Löwen sättigen,

40 wenn sie sich legen in ihre Stätten und ruhen in der Höhle, da sie lauern?

41 Wer bereitet den Raben die Speise, wenn seine Jungen zu Gott rufen und fliegen irre, weil sie nicht zu essen haben?


Das Buch Hiob Kapitel 39


1 Weißt du die Zeit, wann die Gemsen auf den Felsen gebären? oder hast du gemerkt, wann die Hinden schwanger gehen?

2 Hast du gezählt ihre Monden, wann sie voll werden? oder weißt du die Zeit, wann sie gebären?

3 Sie beugen sich, lassen los ihre Jungen und werden los ihre Wehen.

4 Ihre Jungen werden feist und groß im Freien und gehen aus und kommen nicht wieder zu ihnen.

5 Wer hat den Wildesel so frei lassen gehen, wer hat die Bande des Flüchtigen gelöst,

6 dem ich die Einöde zum Hause gegeben habe und die Wüste zur Wohnung?

7 Er verlacht das Getümmel der Stadt; das Pochen des Treibers hört er nicht.

8 Er schaut nach den Bergen, da seine Weide ist, und sucht, wo es grün ist.

9 Meinst du das Einhorn werde dir dienen und werde bleiben an deiner Krippe?

10 Kannst du ihm dein Seil anknüpfen, die Furchen zu machen, daß es hinter dir brache in Tälern?

11 Magst du dich auf das Tier verlassen, daß es so stark ist, und wirst es dir lassen arbeiten?

12 Magst du ihm trauen, daß es deinen Samen dir wiederbringe und in deine Scheune sammle?

13 Der Fittich des Straußes hebt sich fröhlich. Dem frommen Storch gleicht er an Flügeln und Federn.

14 Doch läßt er seine Eier auf der Erde und läßt sie die heiße Erde ausbrüten.

15 Er vergißt, daß sie möchten zertreten werden und ein wildes Tier sie zerbreche.

16 Er wird so hart gegen seine Jungen, als wären sie nicht sein, achtet's nicht, daß er umsonst arbeitet.

17 Denn Gott hat ihm die Weisheit genommen und hat ihm keinen Verstand zugeteilt.

18 Zu der Zeit, da er hoch auffährt, verlacht er beide, Roß und Mann.

19 Kannst du dem Roß Kräfte geben oder seinen Hals zieren mit seiner Mähne?

20 Läßt du es aufspringen wie die Heuschrecken? Schrecklich ist sein prächtiges Schnauben.

21 Es stampft auf den Boden und ist freudig mit Kraft und zieht aus, den Geharnischten entgegen.

22 Es spottet der Furcht und erschrickt nicht und flieht vor dem Schwert nicht,

23 wenngleich über ihm klingt der Köcher und glänzen beide, Spieß und Lanze.

24 Es zittert und tobt und scharrt in die Erde und läßt sich nicht halten bei der Drommete Hall.

25 So oft die Drommete klingt, spricht es: Hui! und wittert den Streit von ferne, das Schreien der Fürsten und Jauchzen.

26 Fliegt der Habicht durch deinen Verstand und breitet seine Flügel gegen Mittag?

27 Fliegt der Adler auf deinen Befehl so hoch, daß er sein Nest in der Höhe macht?

28 In den Felsen wohnt er und bleibt auf den Zacken der Felsen und auf Berghöhen.

29 Von dort schaut er nach der Speise, und seine Augen sehen ferne.

30 Seine Jungen saufen Blut, und wo Erschlagene liegen, da ist er.


Das Buch Hiob Kapitel 40


1 Und der HERR antwortete Hiob und sprach:

2 Will mit dem Allmächtigen rechten der Haderer? Wer Gott tadelt, soll's der nicht verantworten?

3 Hiob aber antwortete dem HERRN und sprach:

4 Siehe, ich bin zu leichtfertig gewesen; was soll ich verantworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen.

5 Ich habe einmal geredet, und will nicht antworten; zum andernmal will ich's nicht mehr tun.

6 Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wetter und sprach:

7 Gürte wie ein Mann deine Lenden; ich will dich fragen, lehre mich!

8 Solltest du mein Urteil zunichte machen und mich verdammen, daß du gerecht seist?

9 Hast du einen Arm wie Gott, und kannst mit gleicher Stimme donnern, wie er tut?

10 Schmücke dich mit Pracht und erhebe dich; ziehe Majestät und Herrlichkeit an!

11 Streue aus den Zorn deines Grimmes; schaue an die Hochmütigen, wo sie sind, und demütige sie!

12 Ja, schaue die Hochmütigen, wo sie sind und beuge sie; und zermalme die Gottlosen, wo sie sind!

13 Verscharre sie miteinander in die Erde und versenke ihre Pracht ins Verborgene,

14 so will ich dir auch bekennen, daß dir deine rechte Hand helfen kann.

15 Siehe da, den Behemoth, den ich neben dir gemacht habe; er frißt Gras wie ein Ochse.

16 Siehe seine Kraft ist in seinen Lenden und sein Vermögen in den Sehnen seines Bauches.

17 Sein Schwanz streckt sich wie eine Zeder; die Sehnen seiner Schenkel sind dicht geflochten.

18 Seine Knochen sind wie eherne Röhren; seine Gebeine sind wie eiserne Stäbe.

19 Er ist der Anfang der Wege Gottes; der ihn gemacht hat, der gab ihm sein Schwert.

20 Die Berge tragen ihm Kräuter, und alle wilden Tiere spielen daselbst.

21 Er liegt gern im Schatten, im Rohr und im Schlamm verborgen.

22 Das Gebüsch bedeckt ihn mit seinem Schatten, und die Bachweiden umgeben ihn.

23 Siehe, er schluckt in sich den Strom und achtet's nicht groß; läßt sich dünken, er wolle den Jordan mit seinem Munde ausschöpfen.

24 Fängt man ihn wohl vor seinen Augen und durchbohrt ihm mit Stricken seine Nase?


Das Buch Hiob Kapitel 41


1 [40:25] Kannst du den Leviathan ziehen mit dem Haken und seine Zunge mit einer Schnur fassen?

2 [40:26] Kannst du ihm eine Angel in die Nase legen und mit einem Stachel ihm die Backen durchbohren?

3 [40:27] Meinst du, er werde dir viel Flehens machen oder dir heucheln?

4 [40:28] Meinst du, daß er einen Bund mit dir machen werde, daß du ihn immer zum Knecht habest?

5 [40:29] Kannst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel oder ihn für deine Dirnen anbinden?

6 [40:30] Meinst du die Genossen werden ihn zerschneiden, daß er unter die Kaufleute zerteilt wird?

7 [40:31] Kannst du mit Spießen füllen seine Haut und mit Fischerhaken seinen Kopf?

8 [40:32] Wenn du deine Hand an ihn legst, so gedenke, daß es ein Streit ist, den du nicht ausführen wirst.

9 [40:1] Siehe, die Hoffnung wird jedem fehlen; schon wenn er seiner ansichtig wird, stürzt er zu Boden.

10 [41:2] Niemand ist so kühn, daß er ihn reizen darf; wer ist denn, der vor mir stehen könnte?

11 [41:3] Wer hat mir etwas zuvor getan, daß ich's ihm vergelte? Es ist mein, was unter allen Himmeln ist.

12 [41:4] Dazu muß ich nun sagen, wie groß, wie mächtig und wohlgeschaffen er ist.

13 [41:5] Wer kann ihm sein Kleid aufdecken? und wer darf es wagen, ihm zwischen die Zähne zu greifen?

14 [41:6] Wer kann die Kinnbacken seines Antlitzes auftun? Schrecklich stehen seine Zähne umher.

15 [41:7] Seine stolzen Schuppen sind wie feste Schilde, fest und eng ineinander.

16 [41:8] Eine rührt an die andere, daß nicht ein Lüftlein dazwischengeht.

17 [41:9] Es hängt eine an der andern, und halten zusammen, daß sie sich nicht voneinander trennen.

18 [41:10] Sein Niesen glänzt wie ein Licht; seine Augen sind wie die Wimpern der Morgenröte.

19 [41:11] Aus seinem Munde fahren Fackeln, und feurige Funken schießen heraus.

20 [41:12] Aus seiner Nase geht Rauch wie von heißen Töpfen und Kesseln.

21 [41:13] Sein Odem ist wie eine lichte Lohe, und aus seinem Munde gehen Flammen.

22 [41:14] Auf seinem Hals wohnt die Stärke, und vor ihm her hüpft die Angst.

23 [41:15] Die Gliedmaßen seines Fleisches hangen aneinander und halten hart an ihm, daß er nicht zerfallen kann.

24 [41:16] Sein Herz ist so hart wie ein Stein und so fest wie ein unterer Mühlstein.

25 [41:17] Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken; und wenn er daherbricht, so ist keine Gnade da.

26 [41:18] Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so regt er sich nicht, oder mit Spieß, Geschoß und Panzer.

27 [41:19] Er achtet Eisen wie Stroh, und Erz wie faules Holz.

28 [41:20] Kein Pfeil wird ihn verjagen; die Schleudersteine sind ihm wie Stoppeln.

29 [41:21] Die Keule achtet er wie Stoppeln; er spottet der bebenden Lanze.

30 [41:22] Unten an ihm sind scharfe Scherben; er fährt wie mit einem Dreschwagen über den Schlamm.

31 [41:23] Er macht, daß der tiefe See siedet wie ein Topf, und rührt ihn ineinander, wie man eine Salbe mengt.

32 [41:24] Nach ihm leuchtet der Weg; er macht die Tiefe ganz grau.

33 [41:25] Auf Erden ist seinesgleichen niemand; er ist gemacht, ohne Furcht zu sein.

34 [41:26] Er verachtet alles, was hoch ist; er ist ein König über alles stolze Wild.


Das Buch Hiob Kapitel 42


1 Und Hiob antwortete dem HERRN und sprach:

2 Ich erkenne, daß du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer.

3 "Wer ist der, der den Ratschluß verhüllt mit Unverstand?" Darum bekenne ich, daß ich habe unweise geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe.

4 "So höre nun, laß mich reden; ich will dich fragen, lehre mich!"

5 Ich hatte von dir mit den Ohren gehört; aber nun hat dich mein Auge gesehen.

6 Darum spreche ich mich schuldig und tue Buße in Staub und Asche.

7 Da nun der HERR mit Hiob diese Worte geredet hatte, sprach er zu Eliphas von Theman: Mein Zorn ist ergrimmt über dich und deine zwei Freunde; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob.

8 So nehmt nun sieben Farren und sieben Widder und geht hin zu meinem Knecht Hiob und opfert Brandopfer für euch und laßt meinen Knecht Hiob für euch bitten. Denn ich will ihn ansehen, daß ich an euch nicht tue nach eurer Torheit; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob.

9 Da gingen hin Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zophar von Naema und taten, wie der HERR ihnen gesagt hatte; und der HERR sah an Hiob.

10 Und der HERR wandte das Gefängnis Hiobs, da er bat für seine Freunde. Und der Herr gab Hiob zwiefältig so viel, als er gehabt hatte.

11 Und es kamen zu ihm alle seine Brüder und alle seine Schwestern und alle, die ihn vormals kannten, und aßen mit ihm in seinem Hause und kehrten sich zu ihm und trösteten ihn über alles Übel, das der HERR hatte über ihn kommen lassen. Und ein jeglicher g ab ihm einen schönen Groschen und ein goldenes Stirnband.

12 Und der HERR segnete hernach Hiob mehr denn zuvor, daß er kriegte vierzehntausend Schafe und sechstausend Kamele und tausend Joch Rinder und tausend Eselinnen.

13 Und er kriegte sieben Söhne und drei Töchter;

14 und hieß die erste Jemima, die andere Kezia und die dritte Keren-Happuch.

15 Und wurden nicht so schöne Weiber gefunden in allen Landen wie die Töchter Hiobs. Und ihr Vater gab ihnen Erbteil unter ihren Brüdern.

16 Und Hiob lebte nach diesem hundert und vierzig Jahre, daß er sah Kinder und Kindeskinder bis ins vierte Glied.

17 Und Hiob starb alt und lebenssatt.


Das Buch Hiob Kapitel 42 ende
weiter mit
Psalm



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